Traumschiff „Deutschland“: Wechselvolle Vergangenheit, optimistisch in die Zukunft

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Die M/S "Deutschland" in den Farben von Phoenix-Reisen und mit neuen französischen Balkons. Fotos: Henze, Deilmann-Reederei

Sehestedt/Bonn (wwot) – Dieser Tage passierte das Kreuzfahrtschiff „Deutschland“ den Nord-Ostsee-Kanal bei Sehestedt auf seiner Route vom dänischen Aerosköping nach Bremerhaven. Das charakteristische rote D im Schornstein des Kreuzfahrers als Logo der Deilmann-Reederei ist allerdings längst verschwunden. Zurzeit bietet das frühere ZDF-Traumschiff im Auftrag des Bonner Seereise-Unternehmens Phoenix Reisen vor allem Fahrten in nordeuropäische Seegebiete an. Die Neustädter Deilmann-Reederei ist längst Geschichte, erreichte dieser Tage jedoch wieder einige Aufmerksamkeit, weil die einstigen geschäftsführenden Gesellschafterinnen der Reederei, Gisa und Hedda Deilmann, wegen Steuerhinterziehung, Bankrott und falscher eidesstattlicher Versicherungen zu jeweils zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden sind, wie die Kieler Nachrichten meldeten. Dieses Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Im Aufwind

Einst war die M/S „Deutschland“ sozusagen das deutsche Kreuzfahrt-Flaggschiff, nicht nur im TV beinahe omnipräsent, sondern gehörte bei insgesamt 30.000 Kreuzfahrtpassagieren der Deilmann-Reederei jährlich, sogar zu den Marktführern. Die starke Flussschiffsparte, die beiden Kreuzfahrer „Berlin“ und „Deutschland“, dazu noch der Großsegler „Lilli Marleen“, ließen die Deilmann-Reederei wie einen sicheren Aufsteiger in einem wachsenden Markt aussehen.

Den ersten schweren Schlag musste das Kreuzfahrt-Unternehmen am 25. Juli 2000 wegstecken, als der Concorde-Flug mit der Nummer AF 4590 kurz nach dem Start in Paris mit brennenden Triebwerken dicht bei einem Hotel im Pariser Vorort Gonesse abstürzte. 99 der insgesamt 110 Todesopfer waren Gäste der Deilmann-Reederei, die in New York an Bord der „Deutschland“ gehen sollten.

Im November 2003 verstarb der Reederei-Gründer Peter Deilmann, seine Töchter Gisa und Hedda Deilmann übernahmen die Geschäftsführung

Im Einsatz als ZDF-Traumschiff.
Im Einsatz als ZDF-Traumschiff.

Die nächste Generation

Bereits ein Jahr später wurden sowohl „Lilli Marleen“ wie auch „Berlin“ verkauft, die jedoch durch einen Neubau ersetzt werden sollte. Ein Plan, der unter Führung der Schwestern jedoch niemals umgesetzt werden konnte.

2008 hatte die „Deutschland“ zehnjähriges Dienstjubiläum, ein Jahr das mit etlichen Gala-Fahrten begangen wurde.

Das vorläufige Ende

Bereits 2009 musste die Flussschiffsparte der Reederei trotz boomenden Umfelds Insolvenz anmelden, die Binnen-Kreuzfahrtschiffe wurden stillgelegt und verkauft. Dies schaffte finanziell aber wohl nur kurzfristig Luft.

Ein Feuer auf der „Deutschland“ brachte die Reederei bereits am 23. Mai 2010 erneut in Bedrängnis. Zu den rund zwei Millionen Reparaturkosten gesellten sich hohe Verluste durch abgesagte Reisen. Im August des Jahres übernahm die Industrieholding Aurelius AG die Mehrheit an Deilmann, die Schwestern hielten schließlich nur noch fünf Prozent am Unternehmen.

Noch ein Ende

Unter dem Deilmann-Logo.
Unter dem Deilmann-Logo.

Am 29. Oktober 2014 stellte die Eignergesellschaft des Schiffs einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Am 12. November 2014 beendete die „Deutschland“ vorerst die letzte Kreuzfahrt in Lissabon.

Da potentielle Käufer keine ausreichenden Finanzierungsnachweise vorlegen konnten, konnte aber die zum Klassenerhalt notwendige Werftliegezeit nicht in Auftrag gegeben werden. Zwei Kurzreisen und eine geplante Weltreise mussten abgesagt werden.

Am 24. März 2015 teilte der Insolvenzverwalter schließlich mit, dass die „Deutschland“ an ein US-Unternehmen verkauft worden sei. Im Mai wurde das Schiff vor Gibraltar übergeben und auf die Bahamas umgeflaggt.

Nach einem mehrmonatigen Einsatz für Plantours, wurde die „Deutschland“ in der Kieler Lindenau-Werft umgebaut. Ende August 2015 wurde das Schiff in „World Odyssey“ umbenannt, und ist seit dem Wintersemester für den US-Veranstalter „Semester at Sea“ mit bis zu 600 Studierenden auf See.

Im Markt zurück

Bereits im November 2015 gab der Bonner Reiseveranstalter Phoenix-Reisen bekannt, das Schiff ab 2016 in den Monaten Mai bis September für fünf Jahre gechartert zu haben, um es wieder unter dem ursprünglichen Namen „Deutschland“ für Kreuzfahrten einzusetzen. Im Frühjahr dieses Jahres wurde sie schließlich bei der Navantia-Werft in Cadiz auf den bei Phoenix-Schiffen üblichen türkisen Anstrich ausgerüstet und die Außenkabinen auf den Decks sieben und acht wurden mit französischen Balkons ausgestattet.

Und genau in diesem Zustand präsentierte sich die „Deutschland“ jetzt im Nord-Ostsee-Kanal und befindet sich nach dem Aufenthalt in Bremerhaven zurzeit auf der Reise nach Borgholm auf der schwedischen Insel Öland.

Die "Amadea" ist das neue ZDF-Traumschiff und das Flaggschiff der Phoenix-Flotte.
Die „Amadea“ ist das neue ZDF-Traumschiff und das Flaggschiff der Phoenix-Flotte.

Gebaut bei HDW

Erbaut wurde das Kreuzfahrtschiff bei den Howaldtswerken-Deutsche Werft in Kiel. 215 Millionen Mark kostet der Neubau, der in gediegener 1920er-Jahre Atmosphäre bis zu 520 Passagieren aufnehmen konnte.

Unübersehbar war jedoch bereits Anfang des neuen Jahrtausends, dass der boomende Kreuzfahrtsektor mit neuen und frischen Angeboten den Markt in neue Bahnen lenken würde. Die Schiffe wurden größer, wurden schließlich dank bemerkenswerter Angebote an Bord selbst zum Reiseziel. Der Markt für klassische und kleinere Kreuzfahrtschiffe entwickelt sich mehr und mehr zur Nische.

Dort aber ist das Reise-Unternehmen Phoenix zu Hause, das neben der „Deutschland“ auch „Albatros“, „Artania“ und das neue ZDF-Traumschiff „Amadea“ betreibt. Beste Voraussetzungen also für die „Deutschland“ nach einer wechselvollen Vergangenheit mit Optimismus in die Zukunft zu schauen. Wolfgang Henze

 

 

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