Schlappe Etappe mit Folgen

Deutschland - Kaunas immer lang und spannend

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Ein Unfallfahrzeug an der S 8. Fotos: Henze

Kaunas (wwot) – Die Etappe Deutschland – Kaunas ist immer eine Herausforderung. Polen ist ein tolles Reiseland, aber der Transit ins Baltikum durch Polen war, ist und wird wohl auch noch einige Zeit an Ödnis kaum zu überbieten sein. Der Ausbau der S 8 von Warschau nach Bialystok, auf rund 180 km Länge, setzt dem ganzen aber zurzeit eine neue Krone auf.

An die rund 550 km Distanz auf der langweiligsten Autobahn Europas zwischen dem Berliner Ring und der Hauptstadt Polens hat man sich ja inzwischen gewöhnt, richtig dankbar muss man den paar Mautstationen sein, die wenigstens ein wenig Abwechslung in das unendlich wirkende Betonband bringen, das noch dazu auf unglaublich langen Strecken von Lärmschutzzäunen flankiert wird, hinter denen sich in aller Regel nichts ausser unbebaute Landschaft befindet. Polen scheint infrastrukturell an der Autobahn offensichtlich noch Großes vorzuhaben.

Lärmschutzwände ohne Ende.
Lärmschutzwände ohne Ende.

Inzwischen ist auch die Autobahn-Stadtdurchfahrt in Warschau fertiggestellt worden, so dass man bis Marki ziemlich zügig vorwärts kommen kann. Nach rund zehn Kilometern hat man dann die Schnellstraße S 8 erreicht, die etwa bis zum Bug, bei der Ortschaft Wyszkow, auch gut ausgebaut ist.

Aber da wird es dann spannend, denn im Grunde auf der gesamten Distanz bis Bialystok, abgesehen von zwei kurzen bereits fertiggestellten Teilstücken, rollt man auf der alten S 8, die teilweise jetzt auch als Baustraße dient, neben der künftigen Autobahn her. Und man rollt langsam, oder garnicht, und die Fahrerei ist eine echte Herausforderung. Reichlich Verkehr, enge Spurführung, manchmal geht es vollkreismäßig über künftige Zu- und Abfahrten lang, machen die Fahrt Richtung Litauen zu einem echten Geduldsspiel. Links und rechts des Wegs liegt dann auch schon mal ein Pkw oder Lkw im Graben, oder irgendein Fahrzeug hat an unpassender Stelle schlapp gemacht. So mussten beispielsweise auch zwei Mal die Zurrgurte der „Bergziege“ nachgespannt werden, damit der auf den Schlaglöchern bockenende Trailer nicht seine rollende Fracht abwirft.

 

Es sägt und brummt an der Vorderachse

Der Tag wurde lang, das Wetter war durchgehend schlecht, erst bei Suwalki, also rund 15 km vor der litauischen Grenze, hellte sich der Himmel langsam auf. Ich schwör, beim Überfahren der Grenzlinie von Polen nach Litauen trat das nervende Geräusch zum ersten Mal auf. Irgendeine Resonanzfrequenz an den Vorderrädern oder Achsen gab kurzzeitig ganz merkwürdige Geräuschen von sich, die nach Sekunden wieder verschwunden waren, ihrer Ausprägung nach aber gänzlich neu waren. Und irgendwann kennt man ja die Geräusche seines Wohnmobils komplett, aber dieses eben nicht.

....unterwegs und schlecht das Wetter.
….unterwegs und schlecht das Wetter.

Alle paar Kilometer surrte es ätzend unter dem Vorderwagen und der Versuch, das Geräusch mit irgendwelchen Spurrillen oder Schlaglöchern auf dem Fahrbahnbelag in Deckung zu bringen versagte völlig, weil die Fahrt auf der E 67 ohnehin zu den spannenderen Reiseerlebnissen zählt. Denn dort bündelt sich der gesamte mitteleuropäische Lkw-Verkehr Richtung Baltikum und wie bekannt, die rollenden Buben, bevorzugt aus Russland, Litauen, Lettland, Estland, Weißrussland und Finnland sind immer schwer unter Dampf, das Tempo ist 88 bis 89, und da ist noch nicht die Rede von den vielen eiligen Pkw, die entspannt auch mal hunderte von Metern Verkehrsinseln zum Überholen auf der falschen Seite passieren.

Will sagen, es wirklich spannend und langsamer fahren als schnelle Lkw geht schon garnicht, dann überholen die halt und es tut von der Planung her offensichtlich nicht Not, den Überholvorgang sicher beenden zu können. Wenn die neben Dir sind, kommen die rüber und letztlich steht der Sieger fest. Also, ordentlich Gummi, dicht hinter Vordermann bleiben und dabei versuchen Vorderachsgeräusche mit dem Straßenzustand in Deckung zu bringen. Man ist schon froh, wenn man bei Garliava die ausgebaute A 5 erreicht und die Lkw ziehen lassen kann. Übrigens, die Litauer geben sich reichlich Mühe den Verkehr auf der E 67 in den Griff zu kriegen. Jede Menge Polizei an den Straßen, eine ordentliche Ladung Blitzer, bringen tut es wenig, die „ganz Eiligen“ kennen sich gut aus.

Bei der A 5-Ausfahrt in einer langen Rechtskurve gab das rechte Vorderrad oder die Achse oder was auch immer schließlich Geräusche von sich, dass ich kurzfristig glaubte demnächst ein fliehendes Rad auf der nebenliegenden Wiese zu sehen. Aber nichts passierte, auf der Autobahn selber war alles wieder tutti. Egal, schließlich konnte ich auf den Campingplatz in Kaunas-City (Link) einbiegen, ein Platz war schnell gefunden, Lampe in die Hand und dann mit wenig Sachverstand unter dem Iveco-Vorderwagen rumgekrochen. Ergebnis der Inspektion: Null, alles wirkt proper, so wie es sich gehört.

 

Bier und Entschluss

Mit einem Bier in der Hand schließlich der Entschluss: Statt Tallinn steht morgen der Iveco-Service auf dem Plan; entweder ist etwas kaputt, der Straßenzustand in Litauen hat neuerdings was techno-musikalisches oder ich spinne, mag ja auch sein.

Der Termin bei Iveco musste auf morgen verschoben werden, das ist ok, die heutige Fahrt zur Werkstatt und zurück zum Campingplatz brachte das Phänomen nur ganz kurz wieder auf, da hätte ich es sogar einigermaßen auf den Straßenzustand zurückführen können, aber Murphy wird zuschlagen, wenn ich die Geräusche ignoriere, ich bin mir sicher. Bei der erneuten Ankunft auf dem Campingplatz tat sich schließlich ein zusätzliches Problem auf.

Huch, das Gas ist weg.
Huch, das Gas ist weg.

Der Gastank ist leer, komplett, bei der Abfahrt in Spreenhagen war er etwa halbvoll. Dass die Heizung am Ankunftsabend in Kaunas nicht funktionierte (wegen der Heißwasser-Produktion) hatte mich nicht irritiert, denn nach dieser Rumpelfahrt war es nicht verwunderlich dass einmal mehr der Crash-Schalter am Tank ausgelöst hatte. Tatsächlich war er das auch, aber irgendwo ist auch ein Gasleck im System, und ich erinnere mich Dunkel bei einem Tank-Stopp in Polen, als ich Schwefel-Geruch wahrgenommen hatte. Nun ja, jetzt erfordern also nicht nur Vorderachse oder Räder technische Aufmerksamkeit, sondern auch noch die Gasanlage. Nur gut, dass neben dem Tank in einem zweiten Kreislauf auch noch zwei Flaschen in Betrieb genommen werden können, und die Leckage (ich bin da nach sechs Stunden Betrieb guter Hoffnung) nur den Tank-Kreislauf betrifft.

Auf Lecksuche, aber die Flaschen tun´s.
Auf Lecksuche, aber die Flaschen tun´s.

Wie auch immer, morgen geht´s erneut zur Iveco-Werkstatt in Kaunas, dann weiter nach Tallinn. Die Prüfung der Gasanlage werde ich schließlich den Experten bei RSF im westfälischen Ochtrup überlassen (mal gucken ob die Ende Juli/Anfang August einen Termin für mich haben), denn eine vorherige Gas-Leckage (wwot berichtete darüber: Link) wurde beim Phoenix-Vertragshändler in Itzstedt behoben (Link), der die Tankanlage auch installiert hatte, was in einer kognitiven Dissonanz zwischen Kunden und Installationsbetrieb endete, da der „Installateur“ versuchte die Reparaturkosten beim Kunden reinzuholen. Und das in einem Garantiefall, wie er glasklarer nicht liegen konnte. Da ist sozusagen die Basis einer weiteren vertrauensvollen Zusammenarbeit nachdrücklich zerstört worden.

Wollen mal schauen wie es weitergeht, stay tuned.  Wolfgang Henze

Atempause in Kaunas.
Atempause in Kaunas.

 

Fazit für Baltikum-Reisende 2016:

– Reichlich Zeit für den Transit durch Polen einplanen
– die Passage aufs Wochenende legen
– West-Ost-Passage wenn möglich über Danzig oder Lublin planen, Warschau – Bialystok weiträumig umfahren
– im Baltikum die längeren Passagen über die Via Baltica (Kaunas – Tallinn (Riga)) ebenfalls nach Möglichkeit aufs Wochenende legen.
– die Kosten für Autobahn/Schnellstraßen-Maut in Polen sind deutlich gestiegen, wer Zeit hat kann ausweichen

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