3.550 km One-Way: Begegnung an der Autobahn

Autohöfe mit bewachten Parkarealen bieten sich besonders auch für größere Wohnmobile für Transit-Übernachten an

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Der Truck von Celal Ceken läuft mehr als 10.000 Kilometer im Monat. Fotos: Henze

Konya/Rheine/Verl (wwot) – Durch fünf Staaten, bisweilen auch sechs, sieben oder mehr geht´s, mindestens 3.500 Kilometer eine Strecke, sieben Tage Reisedauer von der Zentraltürkei bis nach Nordrhein-Westfalen. Zweimal im Monat steuert Celal Ceken, ein Trucker aus Konya – der Provinzhauptstadt rund 200 Kilometer im Süden von Ankara – seine Mercedes 1840-Zugmaschine mit dem großen Planen-Auflieger Richtung Norden. Verschiedene Unternehmen, oder wie die Trucker auch sagen „Ladestellen“ – oft in Nordrhein-Westfalen – sind das Ziel seiner Reise.

Es war ein langer Tag, viel Verkehr, ein paar Staus auf der Strecke von Phoenix in Schlüsselfeld/Bayern bis zum Autohof Salzbergen, in der Nähe der westfälischen Stadt Rheine. Wie immer, wenn die Familie während einer Nord-Süd-Querung der Republik besucht wird, steuere ich diesen Autohof an, da sich der Phoenix mit der angehängten „Bergziege“ in der Gegend kaum besser parken lässt.

Die Nach fällt über den Autohof Salzbergen.
Die Nacht fällt über den Autohof.

Ohnehin bieten sich aus langer Erfahrung die Autohöfe neben den Autobahnen gut für wohnmobile Übernachtungen an. Allemal dann, wenn sie gegen Gebühr überwachte Parkareale für Trucks anbieten, was sich leicht über das Autohof.net ermitteln lässt. Lkw-Piloten versuchen diese Parkplätze nach Möglichkeit zu meiden, da sie für die Kosten meist selbst aufkommen müssen. Oft hilft es ihnen dann auch nicht, wenn sie die Parkgebühr „abfrühstücken“ können, einfach weil ihnen die Raststätten zu teuer sind.

Autohöfe haben Vorzüge
Autohöfe haben schon einige Vorzüge für eine Transit-Übernachtung (aber natürlich auch Nachteile). Zum einen findet man dort wegen der Gebührenpflicht regelmäßig ein freies Plätzchen, und zum anderen ist auch durchaus die Gesellschaft der Lkw-Fahrer zu schätzen, denn anders als oft auf unparzellierten Wohnmobilstellplätzen zu sehen, parken Trucks so schlank wie möglich, stellen keine Stühle in den Weg oder fahren Markisen aus, um die eigene Latifundie zu erweitern. Trucker haben vor allen Dingen nichts dagegen, wenn man bei allerdings eher selten echter Raumknappheit, längs dahinter oder auch anderswie unkonventionell außerhalb der Markierungen parkt, einfach weil sie wissen, wie unverzichtbar Ruhezeiten für die Verkehrssicherheit sind. Hauptsache sie kommen mit ihren Lkw wieder weg, wenn die Zeit dafür reif ist.

Trucker sind Profis
Trucker sind Profis, egal aus welcher Nation, nette Menschen in der Regel, denen es vor allem auch egal ist, ob man mit seinem Wohnmobil jährlich zum Tüv muss, mehr als 3,5 Tonnen wiegt, dem Überholverbot für Lkw unterliegt, einen Pkw auf einem Trailer hinterherschleppt, der 100er Geschwindigkeitsbegrenzung zu folgen hat oder wieviel Kraftstoff man verbrauchen mag. Über diese Themen muss man mit ihnen kaum ins Gespräch kommen. Allerdings fragen sie mit fröhlichen Unterton gelegentlich schon, wie man nur auf die verwegene Idee kommen mag, freiwillig auf Europas Straßen rumzukurven. Trucker sind oft gutgelaunte und interessierte Menschen, mit denen man leicht und gut ins Gespräch kommen kann. Richtig, nicht zu vergessen, ordentlich essen kann man in den Gaststätten der Autohöfe meist auch, ausgesprochen günstig ist es aber eher selten.

Celal Ceken und seine Außenküche. Fotos: Henze
Celal Ceken und seine Außenküche. Fotos: Henze

Nette Nachbarn
Beinahe immer wenn man das Ticket gezogen oder den wachhabenden Park-Prätorianer passiert hat und das Lkw-Areal mit einem Wohnmobil „betritt“, guckt der ein oder andere Lkw-Lenker schon mal interessiert rüber, einer kleiner Gruß ist dann natürlich fällig; während man andererseits aber aufmerksam nach einem Eckchen schaut, das eine möglichst große Distanz zu Reefer-Trucks hat, deren Kühlaggregate nachts doch einigermaßen lästig, wenngleich unverzichtbar sind.

Kaum hatte ich eine hübsche lärmarme Parzelle entdeckt und machte mich dran die „Bergziege“ auf dem Trailer zu entfesseln, als mich ein älterer Fahrer ansprach, dem ich vor dem Einparken zugenickt hatte und der unübersehbar mit einem Sattelzug für die türkische Spedition „Ibrahim Seflek“ auf der Straße war.

Ob ich Lust auf ein Glas Tee hätte, fragte er mich freundlich in guter englischer Sprache. „Natürlich, gerne, ich möchte nur schnell noch den Jeep aufs Beton stellen.“

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Autohöfe bieten meist große Truck-Parkflächen.

Leben im Truck
Celal Ceken, so der Name des Truck-Drivers aus der Türkei, hatte inzwischen an seinem Sattelauflieger einen Kasten geöffnet, der sich später als Außenküche mit Benzinkocher und einer Menge an Vorräten entpuppte, wobei eine ordentliche Ladung an Zwiebeln und Kartoffeln dominierte. Auf einem kleinen Hocker hatte er sich davorgesetzt, fingerte an dem Kocher rum, goss Wasser aus einem Kanister in den Kessel, währenddessen ich den Jimny vom Trailer bugsierte.

Wenig später entspann sich dann ein fröhliches Gespräch an Cekens Truck, das noch durch Ismael „Easy“ Mekikci bereichert wurde, der mit seinem Lkw und einer Ladung Einbauküchen für ein deutsches Unternehmen Richtung Niederlande unterwegs war. Mekikci hat ebenfalls türkische Wurzeln, ist aber in Deutschland aufgewachsen und fährt schon seit 17 Jahren für den bekannten westfälischen Küchenhersteller Nobilia.

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Fahrer (von links): Ismael „Easy“ Mekikci, Celal Ceken und der Autor

Fröhliche Gespräche
Es war ein phantastischer Abend. Schwarzer Tee in türkischer Zeremonie und interessante Überkreuz-Gespräche über Gott und die Welt in Deutsch, Englisch und Türkisch, wobei ich von letzteren natürlich überhaupt nichts verstand. Celal Ceken sprach fröhlich von den Herausforderungen und Anstrengungen seiner Touren durch Europa, aber auch von seinen Jahren als Trucker in Kanada, die auch sein gutes Englisch erklärten.

Über Politik wurde nicht geredet, aber Celal machte schon deutlich, dass sich die politische Situation in seiner Heimat gelegentlich auch im Verhalten der Menschen ihm Gegenüber auf seinen Touren ausdrücken würde. Allerdings, sagte er, sei das weniger in Deutschland der Fall, aber nach Dänemark beispielsweise würde er aus diesem Grund jetzt nicht mehr so gerne fahren. Wie auch immer, der Job ist tough, so oder so, zwei Mal im Monat von der Zentraltürkei bis nach Deutschland oder Skandinavien, nicht immer steht ein Autohof für die Übernachtung zur Verfügung und das Sicherheitsniveau ist auch nicht überall gleich gut in Europa. Aber Celal jammert nicht, ganz im Gegenteil, die Familie in Konya müsse ernährt werden, und da sei es völlig normal, wenn der Job ein wenig anstrengender sei.

Es war längst dunkel und ein bisschen kühl geworden, als wir unser Parkplatzgespräch auf dem Autohof beendeten. Am nächsten Morgen ging es für alle drei Fahrer weiter, wobei es für mich natürlich am bequemsten war. Es hatte jedenfalls mal wieder Spaß gemacht, auf einem Autohof zu übernachten. Zwei Wochen zuvor waren es noch zwei Zirkus-Clowns, die ich gemeinsam mit der besten Reisegefährtin Sabine Sopha auf dem Autohof Bremgarten kennenlernen durfte, und die sich ebenfalls als interessante und fröhliche Gesprächspartner entpuppten.

Trucker als Übernachtungs-Nachbarn sind echt ok, wir haben bislang nur gute Erfahrungen gemacht und sicher weit mehr als einhundert Mal auf Autohöfen übernachtet. Allemal für ein größeres Wohnmobil  (vor allem mit Anhänger) ist ein Autohof-Parkplatz für eine Zwischenübernachtung praktikabler als die Suche nach einem möglicherweise unbekannten Wohnmobilstellplatz. Wolfgang Henze

 

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