Schacht-Audorf/Sehestedt – Vorsichtig und mit langsamer Fahrt steuert Helmut Lüthje (63) die vollbesetzte NOK-Fähre „Memel“ die letzten Meter bis zum südwestlichen Anleger der Fährstation Nobiskrug. Tausende Male zuvor hat er das zwischenfallfrei getan, genauso wie in Breiholz und in Sehestedt auch. Ganz besonders in Sehestedt, denn da lebt der erfahrene Schiffsführer mit Ehefrau Elvira seit 34 Jahren und hatte dort zwangsläufig den kürzesten Weg bis zur Arbeit. Nur wenige hundert Meter vom Kanalblick bis zur Fähre sind es für ihn. Aber nun ist so oder so Schluss mit Arbeitsweg, denn Helmut Lüthje hatte am Samstag seine letzte Wache als Schiffsführer, geht nach 48 Berufsjahren in Rente.
Eigentlich hatte Lüthje mit Schifffahrt nichts am Hut. Gelernter Landmaschinenmechaniker war er ursprünglich, allein die Möglichkeit in den Staatsdienst zu wechseln, ließ ihn trotz eher schwacher Entlohnung in den Dienst der Kanalverwaltung treten. Streckenarbeiter war er dort zuerst, fuhr auch Bagger und Lkw, später wurde er schließlich Weichenwärter. „Ein Traumjob“, wie er sagt, durch Wochenenddienste und Nachtschichten hätte man richtig gut verdienen können. Die Weichenwärter, eine längst von moderner Technik abgelöste Tätigkeit, hatten die Aufsicht in den Ausweichstellen des Nord-Ostsee-Kanals und meldeten den durchgehenden Schiffsverkehr an die Zentrale. Die früheren Wärterhäuschen lassen sich noch heute an den Kanal-Weichen entdecken und dienen längst anderen Zwecken.
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