In den letzten Jahren wurde die „Lantau Arrow“ vor Chinas Küsten und in japanischen Gewässern eingesetzt, transportierte aber auch zigtausend Stahlkisten über den Indischen Ozean. Gestern Vormittag (25. Juni) passierte das Containerschiff jedoch Sehestedt ostgehend auf dem Nord-Ostsee-Kanal. Das Reiseziel lautet Sankt Petersburg. Ab sofort läuft die „Lantau Arrow“ wieder im Feederdienst von Hamburg oder Bremerhaven aus Richtung Ostseemetropolen. Das Schiff gehört zur Flotte des Reeders Jörg Köpping aus Schülp, wenige Kilometer von Rendsburg entfernt. Wolfgang Henze hatte Gelegenheit, die „Lantau Arrow“ auf einer Ostseereise zu begleiten. Hier sein Bericht.
Andrey Soboyev arbeitet gerne im Jogginganzug. Ob der Grund dafür in seinen häufigen Sprints vom Ladungsbüro durch den Mittelgang der „Lantau Arrow“ auf die Pier zu sehen ist, mag er jedoch nicht gerne verraten. Der 39 Jahre alte Ukrainer ist Chief Mate, also Erster Offizier auf dem Containerschiff und daher auch verantwortlich für das korrekte Laden und Löschen der Stahlkisten. „Und da gibt es schon öfter mal ein Problem“, sagt Soboyev.
Die Ladungsplaner, oder auch die „Cargo-Operations“ im Hafen und der schiffseigene Ladungscomputer haben bisweilen durchaus unterschiedliche Auffassungen vom praktikablen Stauen der Container. Laut und unüberhörbar schlägt der Ladungscomputer im „Cargo office and ballast control room“ der „Lantau Arrow“ Alarm, wenn er mit der Ladeplanung von Cargo-Operations nicht einverstanden ist. Einmal mehr zwingt er damit den Chief Mate zu Schlichtungsverhandlungen auf die Pier. „Und das muss schnell gehen, denn es wird ja durchgehend weiter gestaut, so dass pro Minute bis zu drei Container neu an Bord kommen“, erklärt der Ukrainer entspannt.
Im Prinzip geht es nur um die Verladung von Standard-Container, aber mit den Jahren haben etliche „Neben-Standards“ entwickelt, so dass manchmal nur noch wenige Millimeter darüber entscheiden, ob bestimmte Kisten oder Plattformen neben- oder übereinander gestaut werden können. Und da ist von der Beachtung weiterer Sachverhalte, wie beispielsweise die Schwerpunktlage des Schiffs, Gefahrenklasse oder geplanter Entladehafen der Container noch gar nicht die Rede.
„In Vietnam vor einigen Jahren“, erzählt Soboyev, „wäre mein Dampfer beim Beladen vermutlich in der Mitte durchgebrochen, wenn ich die unglückliche Lade-Planung von Cargo-Ops nicht verhindert hätte.“
Exakt 500 Vierzig-Fuß-Container mit einem Gesamtgewicht von 10.275 Tonnen lädt die „Lantau Arrow“ an diesem Sommernachmittag im hochmodernen Tiefwasser-Containerterminal von Danzig-Stogi. Dort finden inzwischen sogar Schiffe der Tripple-E-Klasse des dänischen Schifffahrtkonzerns Maersk Platz, die nur wenige Zentimeter kürzer als 400 Meter sind.
Soboyev pumpt an diesem Nachmittag zusätzlich noch 2.831 Tonnen Ballastwasser in die Tanks. „Da wir meist durch den Nord-Ostsee-Kanal fahren, müssen wir immer zwei Begrenzungen einhalten. Wir dürfen nicht mehr als neuneinhalb Meter Tiefgang haben, und wegen der Brücken nicht höher als 46,75 Meter sein“, erklärt der Chief Mate. Mit dem Ballastwasser tariert der ukrainische Nautiker diese Limits exakt aus.
Jeder Umlauf der „Lantau Arrow“ von Bremerhaven oder Hamburg in die Ostsee nach Sankt Petersburg oder Danzig dauert rund eine Woche. Eine Menge Stress für die 17 Männer an Bord. Ruhetage sind nicht drin, entweder wird gefahren oder geladen. Vier bis sechs Monate dauert so ein Einsatz an Bord, erst danach gibt es Freizeit und Urlaub.
Trotz des engen Fahrplans und der guten Auslastung fährt auch die „Lantau Arrow“ für ihren Reeder Jörg Köpping Miese ein. Knapp 4.500 Dollar bringt so ein Schiff in Zeitcharter in Krisenzeiten ein, rund 15.000 Dollar waren es zu Zeiten vor der Schifffahrtskrise, die jetzt schon gut sechs Jahre dauert. Zurzeit lassen sich mit den Charter-Erlösen kaum die Betriebskosten decken.
Weltweit wurden bereits hunderte Container-Schiffe still gelegt, selbst große Logistik-Unternehmen wie die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd sind bereits ins Trudeln geraten und mussten sich in neue Allianzen einbringen.
Besonders schwer betroffen sind deutsche Reedereien von der Container-Krise, da knapp 55 Prozent der weltweiten Container-Flotte von deutschen Eignern kontrolliert werden. Gemessen daran hört man allerdings nur wenig Wehklagen von den meist mittelständischen Schifffahrtsunternehmen an der deutschen Nord- Und Ostseeküste. Reeder Jörg Köpping, der in seiner Flotte neben der „Lantau Arrow“ 14 weitere Containerschiffe besitzt oder managed, sagt: „Die privaten Reeder haben in aller Regel für schlechte Zeiten vorgesorgt, schließlich haben wir vor der Schifffahrtskrise auch ordentlich verdient. Darum geraten vor allem Kapitalgesellschaften und Schiffsfond in Schwierigkeiten.“ Der Reeder aus Schülp am Nord-Ostsee-Kanal ist jedenfalls sicher, dass Reedereien die erfolgreich durch die Krise kommen, bald wieder gutes Geld verdienen werden. Wolfgang Henze
Info
„Lantau Arrow“
Länge: 157,7 m
Breite: 25,6 m
Verdrängung: 14.901 Tonnen
Ladung: 1.216 TEU, max. 200 Reefer-(Kühl)-Container
Klassifizierung: +100A5 E3, Containerschiff, Solas II-2, Eisklasse: GL E3
Flagge: Majuro (Marshall Island)
Antrieb: Wartisila-Diesel mit 17.782 Kw (ca. 24.160 PS)
Geschwindigkeit: 15 Knoten (ca. 27 Stundenkilometer)
Besatzung: 17 Mann
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