Tallinn/Kaunas (wwot) – Alles war gut vorbereitet. Das WoMo ent- und versorgt. Das „Beiboot“ auf dem Trailer angeschnallt, die Navigation programmiert. Um acht Uhr sollte der Diesel gestartet werden, 550 Kilometer sind eine überschaubare Reisedistanz. Wenn nur die vielen Bauststellen nicht gewesen wären. Immerhin wurde es zum Ende der Fahrt noch lustig.
So pünktlich war ich selten. Um vier Minuten nach acht Uhr rollte der Phoenix über die Ausfahrt des Campingplatzes Vanamoisa (Link), Kaunas ist das Reiseziel, dort gilt es weitere Themen zu recherchieren (Link), aber es ist auch die letzte Station dieser Reise, bevor es zurück ins heimische Schleswig-Holstein geht.
Die erste Etappe war easy, noch früh am Morgen war auf der Via Baltica von Tallinn bis nach Pärnu kaum was los. „Autpilot“ rein, 85 Stundenkilometer eingeregelt, ein sehr angenehmes reisen, kann man sagen. In Pärnu füllte sich die Umgehung schließlich, und anders als noch einige Wochen zuvor, hatten nun auch die Esten die Via Baltica über ordentliche Strecken aufgerissen, um neue Teerdecken zu legen. „Oha“, dachte ich, hatte noch gut in Erinnerung von der Passage nordwärts Wochen zuvor, dass auf der lettischen Seite, bis runter vor Riga, ebenfalls jede Menge Baustellen gewesen sind. Und so war es dann auch.
Von Pärnu bis einschließlich Baltezers, kurz vor Riga, galt es Baustelle nach Baustelle zu passieren, teilweise mit enormen Wartezeiten. Das ist schon öde. Keine Frage und kostet Zeit ohne Ende.
Aber auch südlich von Riga wird einiges an den baltischen Hauptroute gemacht, vor allem nach passieren der litauischen Staatsgrenze nahmen die Bauaktivitäten wieder erheblich zu. Die Fahrt zog sich hin, die vielen Stopps nervten.
Aufmerksamkeit erfordern auch die regelmäßigen „Elefanten“-Rennen. Atemberaubende Manöver gibt es dort zu sehen, letztlich wird man gezwungen schneller als üblich zu fahren, damit man nicht ständig einen 40-Tonner im Nacken hat. Nervig, eben.
Bei etwa Kilometer 520 tat ein Tankstopp Not, denn ich wollte den Dampfer vollgetankt in Kaunas abstellen, da die nächste Etappe die längste der gesamten Reise werden soll. Also runter von der Via Baltica, eine Lkw-Diesel-Säule an einer großen Tanke angesteuert. Kaum stehe ich vor dem „Dampfer“ kommt ein fröhlicher Geselle in bunter Bequemhose und schwarzem T-Shirt auf mich zugerast, und spricht mich fröhlich auf deutsch an: „Na das ist ja mal ein toller Lkw!“ Juri, wie sich kurze Zeit später herausstellte, war der polnische Fahrer eines technisch gestrandeten 40-Tonner-Trucks, und freute sich, mit irgendjemanden ein bisschen klönen zu können. „Ja“, sagte ich, „hat aber deutlicher weniger Zuladung als dein Truck, dafür aber mehr Komfort für den Fahrer.“ Wir mussten beide laut lachen und Juri entpuppte sich als fröhlicher Zeitgenosse, den selbst eine defekte Wasserpumpe nicht die gute Laune stehlen konnte.
Ich musste mir sofort alles anschauen, die kaputte Wasserpumpe, die just angelieferte neue, und bekam auch Informationen zu seiner Reise. Gestartet war er in Warschau mit 21 Tonnen Milchpulver („Daraus wird Käse gemacht!“), die als Terminfracht nach Tallinn mussten. Und jetzt das. „Dabei hat die Zugmaschine erst 900.000 Kilometer auf der Uhr.“ Es war eine überaus witzige Unterhaltung mit dem polnischen Trucker, der fröhlich und völlig neidfrei mit einem deutschen Wohnmobilisten irgendwo in der litauischen Pampa klönen mochte. Es war einfach spaßig, und entschädigte mich für gefühlte 350 Kilometer Baustelle. Ich hoffe er hat seinen Truck wieder zügig flott bekommen („Ich bin Fahrer und kein Mechaniker.“), und konnte sein Milchpulver wenigstens einigermaßen pünktlich in Tallinn abliefern. Ich selbst konnte jedenfalls eine knapp halbe Stunde den City Campingplatz in Kaunas ansteuern. Aber davon später mehr. Wolfgang Henze
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