Middlebury/Indianapolis (wwot) – Die Lichter an der Kreuzung stehen auf Rot. Wir stoppen mit unserer rollenden Wohnung. Von links naht in schnellem Trab ein Pferd. Es zieht eine Kutsche, die an einen Karton auf Rädern erinnert. Zügig zieht das Gespann an uns vorüber – wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt.
Indiana ist neben Pennsylvania „Amish country“. Hier treffen Moderne und Mittelalter aufeinander. Na ja, ein bisschen hinkt der Vergleich. Aber die Amish leben ohne Internet, Fernsehen und Führerschein. Mitten in Amerika, umgeben von einer Zivilisation, die die Wegwerf-Kultur etabliert hat und zum Mond geflogen ist.
Bei jeder Kutsche verfallen wir ein eine Art Ekstase. „Hast du die gesehen?“ – „Schau mal, wie schief die ist!“ – „Guck, die hat sogar ein Nummernschild.“ Die geschlossenen Kästen lassen bei der schnellen Vorüberfahrt keinen Blick in das Innere zu. Aber es gibt eine Möglichkeit, einem Angehörigen der Gemeinschaft leibhaftig gegenüber zu stehen: Im „Dutchman Essenhaus“.
Ist der Name ernst gemeint? Ja, ist er. Es ist ein großartiges Restaurant im kleinen Middlebury. Diesen Ort im US-Bundesstaat Indiana muss man nicht kennen. Wir hatten bis vor wenigen Monaten auch noch nie etwas davon gehört, bis wir eine Wohnmobil-Überführung bei Roadbear gebucht haben. Die kaufen ihre neuen Wohnmobile bei Coachmen in dem Städtchen und dort erfolgte die Übergabe (wir berichteten darüber: Link).
Es sind von dort nur wenige Minuten Fahrt zum dem „Essenhaus“: Ein großes, weißes Gebäude. Wie alle Häuser in dieser Gegend aus Holz gebaut und leuchtend weiß gestrichen. Am Eingang zum Restaurant empfängt uns eine junge Frau mit Schürze und Haube. Unsere Bedienung ist dann eine typische Amerikanerin, super-freundlich und bringt uns zwei üppige Sandwiches.
Worin sich diese Küche von der übrigen amerikanischen unterscheiden soll (sie nennt sich „Amish style“), erschließt sich nicht unbedingt. Allerdings gibt es zum Sandwich eine frittierte Gewürzgurke. Klingt merkwürdig, schmeckt aber lecker. Zwischen dem Restaurant und der Bäckerei liegen zahlreiche kleine Läden mit allerlei Schnickschnack, dem wir teilweise nicht widerstehen können. Und auch homemade Nudeln gibt es, wir nehmen eine Packung mit – nur um zu entdecken, wie geschäftstüchtig diese Amish sind. Die Nudeln und einige andere „Essenhaus“-Produkte gibt es auch noch weiter entfernt im Supermarkt.
Gesättigt geht die Fahrt Richtung Süden. Immer wieder an Kutschen vorbei. Nach einiger Zeit erkennen wir auch die Häuser der Amish. Dort parken natürlich keine Autos, sondern stehen viele Pferde im angrenzenden Corral und Stromleitungen sind auch nicht zu entdecken. Nach einiger Zeit wird uns auch klar, warum die Landstraße beidseitig einen Streifen hat, auf dem man laut Verkehrsschild weder fahren noch halten darf. Es ist die „Kutschen-Spur“. Wo keine vorhanden ist, weisen wiederum Verkehrsschilder darauf hin.
Dann weichen die weißen Farmen langsam normalen Häusern mit kleinen Veranden. Die Kutschen werden seltener. Der Verkehr geringer. Das Land platter. Ganz platt. Es sind die „Great plains“ – die große Ebene oder Karl-May-Fans besser bekannt als Prärie. Von Büffeln allerdings keine Spur. Stattdessen schier endlose Ackerflächen mit gigantischen Bewässerungswagen, die langsam von einer violetten Abendsonne geschluckt werden. Und bevor wir Indianapolis erreichten waren wir auch noch einkaufen. Aber dazu schreibt Wolf eine eigene Geschichte. Sabine Sopha
Info:
www.middleburyin.com
www.essenhaus.com
www.roadbearrv.com
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