Flemhude (whe) – Als „Lost Place“ bezeichnet man üblicherweise längst aufgegebene Industrie- oder auch Wohnanlagen, überflüssige Gleisanlagen oder auch außer Dienst gestellte Schiffe, für die niemand eine Zukunft sieht, aber die Verschrottung noch nicht in Betracht gezogen wird. Ein ganz anderer „Lost Place“ ist kürzlich am Flemhuder See fertiggestellt worden, aber der hat die Zukunft noch vor sich.
An der Ostseite des Flemhuder Sees, südlich der Naturisten-Campinganlage und unweit von dem Ort Groß Nordsee ist in den letzten Jahren ein neuer Hafen entstanden, der erst vor wenigen Wochen fertiggestellt wurde, um dann aber gleich wieder „eingemottet“ zu werden. Rote-weiße Sperrgatter lassen keine Anfahrt zu, Publikum und mögliche Hafen-Kunden müssen draußen bleiben.
Nanu! Skandal? Vergeudung von Steuermitteln? Nein, so ist es nicht. Der neue Hafen ist Bestandteil des Vorbereitungskonzepts der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die damit den Ausbau der Oststrecke des Nord-Ostsee-Kanals vorbereitet.
Der Nord-Ostsee-Kanal ist das zweite Tor zur Ostsee neben der Skagen-Passage rund um Jütland, und dient damit seit mehr als einhundert Jahren der Schifffahrt als schnelle Verbindung in die westlichen und östlichen Bereiche der Ostsee. Der Kanal ist damit so etwas wie eine in die Jahre gekommene nasse Autobahn, die in einigen Bereichen dringend der Renovierung bedarf. Neben den Schleusenanlagen in Brunsbüttel an der Elbe und Kiel ist vor vor allem die sogenannte Oststrecke zwischen dem Bereich Ausweichstelle, Weiche -wie der Fachmann sagt, Groß Nordsee und der Schleusenanlage in Kiel. Begegnungsverkehr von Schiffen ist auf diesem Teilstück nur sehr eingeschränkt möglich, und zwingt daher den Schiffen zusätzliche Verzögerungen auf.
Vorgesehen ist die Verbreiterung des Kanals im Bereich der Oststrecke und die Abflachung der engen Kurven. Auf rund elf Kilometern wird die Kanalböschung ausgebaut und der Kanal auf einen Mindestsohlenbreite von 70 m erweitert. Später soll auch eine zusätzliche Vertiefung geprüft werden.
Der neue Hafen am Flemhuder bietet vor allem Lagerflächen für Material, aber auch für Abraum-Material -wobei der unter Wasser abgetragene Boden allerdings in der Kieler Bucht verklappt werden soll-, und Zufahrt für landgebundene Fahrzeuge, die ihre Ladung dort an Bargen übergeben oder von ihnen übernehmen können.
In zwei Jahren soll der Bau der Osterweiterung gestartet werden. Dann wird auch der Hafen am Flemhuder See in Betrieb genommen. Bis dahin ist er jedoch ein phantastisches Wander- und Radfahr-Refugium, denn der Zugang ist nicht verboten, allerdings mit Pkw oder Wohnmobilen unmöglich. Besonders Letzteres ist einfach schade.
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