„Polarstern“-Expedition fliegt mit Lufthansa zu den Falkland Inseln

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"Polarstern" bei einer Fahrt durch antarktisches Meereis, Weddellmeer. Fotos: AWI, Hoppmann; DLH

Das Alfred-Wegener-Institut nimmt die Herausforderung an, unter Pandemie-Bedingungen eine Forschungsexpedition im antarktischen Weddellmeer durchzuführen. So können die Teilnehmenden der „Polarstern“-Expedition auch in diesem Jahr die Langzeitdatenmessungen im Südpolarmeer fortsetzen, die die Grundlage für unser Verständnis der polaren Prozesse und die dringend benötigten Klimavorhersagen bilden. Für den Transport der Wissenschaftler zum Einschiffungsort in Port Stanley auf den Falkland-Inseln sorgt am 1. Februar 2021 die Deutsche Lufthansa mit ihrem längsten Linienflug überhaupt.

Bereits am 31. Januar wird ein Airbus A 350-900 unter der Flugnummer LH 2574 zum längsten Nonstop-Flug in der Geschichte der Lufthansa abheben: 13.700 Kilometer von Hamburg zu der Militärbasis Mount Pleasant auf den Falkland-Inseln. Um 21.30 Uhr heißt es für 16 Crewmitglieder und 92 Passagiere „Ready for take-off“. An Bord des Sonderfluges sind Wissenschaftler und Schiffbesatzungen, die im Auftrag des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven, für die kommende Expedition mit dem Forschungsschiff „Polarstern“ auf den 15-stündigen Flug gehen. Bereits am Sonntagnachmittag wird die A350-900 von Frankfurt nach Hamburg überführt. Die Landung auf dem Hamburger Flughafen ist um 16:30 Uhr unter der Flugnummer LH 9924 geplant.

Airbus A 350 „Braunschweig“ fliegt Wissenschaftler und „Polarstern“-Besatzung zu den Falkland Inseln. Foto: DLH

Hohe Hygiene-Anforderungen

Da die Hygieneanforderungen rund um diesen Flug extrem hoch sind, ist die Lufthansa Crew bereits vor Mitte Januar zeitgleich mit den Passagieren in einem Bremerhavener Hotel in Quarantäne gegangen. Begleitet wurden sie in dieser Zeit von einem virtuellen Informations- und Sportprogramm. So absolvierten sie einen 10.000-Schritte Wettbewerb, eine Idee der Lufthansa Crew, um sich in der ersten Woche der Zimmerquarantäne fit zu halten. Dazu kamen interne Vorträge der mitreisenden Wissenschaftler, die sehr bald virtuell von mehreren hundert Lufthanseaten mitverfolgt wurden.

Crew und Reiseteilnehmer werden am Sonntag mit einem Bus von Bremerhaven nach Hamburg fahren. Mit einem eng abgestimmten Hygienekonzept stellt der Flughafen Hamburg für Crew und Expeditionsteilnehmer ein kontaktloses Boarding sicher. Dabei werden zum Teil stillgelegte Terminalbereiche genutzt, so dass kein Kontakt zu anderen Reisenden entsteht. Auch für den Hamburg Airport ist LH2574 ein Rekordflug: Es ist der längste Nonstop-Flug, der jemals auf dem Hamburger Vorfeld gestartet ist.

Um den Flug angenehm zu gestalten, reisen die Passagiere in der Business Class und in der Sleeper’s Row. Hierzu wird in der Economy Class eine Sitzreihe mit einer Matratze, Decke und Kissen ausgestattet. Die A350-900 verfügt außerdem über eine Lichttechnik, die den Schlaf-/Nachtrhythmus unterstützt. So wurde eigens für diesen Flug die Kabinenbeleuchtung nochmals angepasst, so dass durch die Zeitverschiebung von vier Stunden nur ein minimaler Jetlag entsteht.

Geplante Flugroute

Wissenschaftliches Personal und Besatzungsmitglieder werden nach der Landung auf den Falklandinseln mit dem Forschungsschiff „Polarstern“ ihre Weiterreise in die Antarktis fortsetzen. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben auf den Falklandinseln wird sich die Lufthansa Crew nach der Landung erneut in Quarantäne begeben. Der Rückflug startet am 3. Februar unter der Flugnummer LH 2575 mit Ziel München. Die Landung wird am Donnerstag, 4. Februar um 14:00 Uhr erwartet. An Bord sind teilweise Besatzungen der „Polarstern“, die am 20. Dezember in Bremerhaven aufgebrochen waren.

Akribische Vorbereitung

Akribisch hat sie sich das Team auf die Expedition vorbereitet. Auch unter Pandemie-Bedingungen kann ein internationales Wissenschaftsteam nach gut zweiwöchiger Quarantäne und mehreren negativen Corona-Tests Richtung Antarktis aufbrechen. Am 31. Januar fliegen sie – strikt isoliert – vom Flughafen Hamburg mit einer Chartermaschine der Lufthansa nach Port Stanley auf den Falklandinseln. Dort starten sie zwei Tage später mit dem Forschungseisbrecher „Polarstern“ des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) die zweimonatige Expedition ins antarktische Weddellmeer. Zielregion ist das Gebiet vor dem Filchner-Ronne-Schelfeis weit im Süden des atlantischen Sektors des Südozeans. Gut 50 Forscherinnen und Forscher wollen die Wechselwirkungen und Veränderungen des Systems Ozean-Eis-Biologie im Klimawandel entschlüsseln und deren Folgen besser vorhersagen. „Diese Prozesse beeinflussen sowohl den Meeresspiegelanstieg als auch den globalen Kohlenstoffkreislauf und damit die Fähigkeit der Ozeane, Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre aufzunehmen und langfristig zu speichern“, erläutert Dr. Hartmut Hellmer, physikalischer Ozeanograph am Alfred-Wegener-Institut und Leiter der Expedition.

Am Kontinentalhang nördlich des Filchner-Ronne-Schelfeises steigt die Wassertiefe von wenigen hundert Metern rasch auf über 3.000 Meter an. Große Mengen kalten Eisschelfwassers und salzhaltiges Schelfwasser treffen hier auf relativ warmes Tiefenwasser aus dem Norden und vermischen sich. Diese Tiefenwasserbildung ist ein wesentlicher Bestandteil der globalen Ozeanzirkulation, über die sauer- und nährstoffreiches Wasser aus den hohen Breiten Richtung Äquator strömt und im Gegenzug Wärme in die polaren Regionen gelangt. Durch die Vermischung der Wassermassen strömt seinerseits modifiziertes warmes Tiefenwasser in Richtung Schelfeis und kann dort von unten das Schelfeis – also die Ausläufer der Gletscher, die auf dem Meer schwimmen – schmelzen.

Das deutsche Forschungsschiff „Polarstern“ während einer Eisstation im Weddellmeer. Foto: AWI, Mario Hoppmann

Seit der letzten Polarstern-Expedition in dieses Gebiet im Jahr 2018 zeichnen am Meeresboden verankerte Messgeräte Temperatur, Salzgehalt, Strömungsrichtung und -stärke des Ozeanwassers in verschiedenen Tiefen auf. Um an die Daten dieser Verankerungen zu gelangen, müssen die Geräte jetzt aufgenommen werden. Mit neuen Batterien und Speichermedien bestückt werden sie dann wieder ausgebracht und setzen die Langzeitmessungen der ozeanographischen Parameter fort.

Robben im Einsatz

Als Helfer für die Forschung agieren in nächster Zeit auch Robben: Bis zu zwölf Weddellrobben erhalten Sensoren, die Salzgehalt, Temperatur und Tiefe messen. Biologinnen und Biologen kleben sie den Tieren auf den Kopf; beim nächsten der jährlichen Fellwechsel werden die Robben auch den Sender mit ablegen. Die Sender übermitteln die unter Wasser gesammelten Daten per Satellit an die Heimatinstitute immer dann, wenn die Tiere auftauchen. Die Tauchmuster der Robben unter dem Eis zeigen ergänzend auf, wo sich vermutlich größere Mengen an Nahrungsorganismen aufhalten, denn nur dort werden die Robben längere Zeit zum Jagen verweilen.

Ende April zurück

Wie lange die „Polarstern“ im südlichen Weddellmeer bleiben kann, hängt von den Meereisbedingungen vor Ort ab: Wenn am Ende des Südsommers im März die Tage kürzer werden und die Temperaturen fallen, führt der Kurs nach Norden. „Die Meereisbedingungen sehen aber momentan auf den Satellitenkarten vielversprechend aus. Wir sind guter Dinge, im südlichen Weddellmeer alle Vorhaben abarbeiten zu können. Aber natürlich haben wir auch einen Alternativplan für eine Region weiter nördlich, sollten die Eisbedingungen die Arbeiten im Filchner-Trog beenden“, sagt Polarstern-Kapitän Stefan Schwarze. Spätestens in der zweiten Märzhälfte läuft der Forschungseisbrecher dann die Atka-Bucht an. Dort wird das abgelöste Überwinterungsteam der Neumayer-Station III abgeholt, sowie das Technik-Team und die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die in der Sommersaison an der Station gearbeitet haben. Nach kurzem Transit zurück nach Port Stanley geht es per Flugzeug für die meisten zurück in die Heimat, während die „Polarstern“ mit einer kleinen Gruppe Forschender die Rückreise nach Bremerhaven antritt, wo das Schiff Ende April zurückerwartet wird.

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