Pensacola/Heflin (wwot) – Es war heiß, es war schwül und es regnete. Zeit also, um Pensacola in Florida den Rücken zu kehren, denn der redaktionelle Auftrag auf der US-Naval Air Station war erledigt (davon wird später auf worldwideontour.de berichtet), Strandlieger sind wir keine, und dazu war das Wetter ohnedies viel zu schlecht. Auf nach Norden, Richtung Appalachen, rund 500 Kilometer sollten es am ersten Tag werden.
„Ich glaub´s nicht“, murmelte die beste Reisegefährtin tief versunken in ihrem Beifahrersessel erleichtert. Im dichten Wald waren einzelne Lagerfeuer zu sehen, einige Umrisse von Wohnwagen und Motorhomes zeichneten sich im grünen Dickicht ab, es war unübersehbar „der Wald lebte“. Und wenig später tauchte hinter dem rechten Seitenfenster auch eine große Info-Tafel auf, die den Coleman Lake-Campingground erklärte. Wir waren froh, denn wir hatten eigentlich nicht mehr damit gerechnet „Leben“ heute im Talladega National Forrest zu entdecken, und dann gleich noch soviel davon.
Begonnen hatte der Tag auf dem Campingplatz KOA Pensacola West, der eigentlich in Lillian/Alabama liegt und von der Stadt Pensacola in Florida in etwa so weit entfernt ist wie der Lübecker Flugplatz von Hamburg. Da wird einem langsam klar, warum inzwischen auch in Deutschland nicht mehr mit geographischen Metropol-Bezeichnungen gegeizt wird, wenn es denn für irgendetwas gut sein soll. Fünf Tage waren wir in Pensacola gewesen, ein bisschen in der Geographie umschauen, vor allem aber um einen redaktionellen Auftrag zu erledigen, der mit der Ausbildung deutscher Luftwaffenoffiziere bei der US-Navy zu Waffensystemoffizieren für den Tornado-Jet zu tun hat. Man hätte noch ein Wochenende dranhängen können, aber bei so einem Wetter? Bloß weg.
Rund 500 Kilometer sollten es auf der ersten Etappe Richtung Blue Ridge Mountains werden, übernachten wollten wir auf dem Campground Coleman Lake im National Forrest von Talladega. Der liegt so rund 60 Meilen von der Großstadt Birmingham in Alabama entfernt, blöd nur, dass sich keine Positions- oder Adressangabe zum Campground auf dem Navigationsgerät eingeben ließ. Bonny, unser mit den Wochen liebgewonnenes Automatenstimmchen, weigerte sich beharrlich uns dorthin zu führen. Egal, also wurde Heflin eingegeben, ein kleiner Ort, der nur einen us-amerikanischen Katzensprung vom Coleman Lake entfernt sein konnte.
So fuhren wir vor uns hin durch ein Schweinewetter, etliche Unfälle waren zu sehen, später hielten uns einige Staus auf, die sich auf die gleiche Ursache zurückführen ließen. Es zog sich also hin, ist dies die Message.
Große Straßen, kleine Straßen, Highways und Interstates lösten sich ab, zwischendurch auch ein paar Feldwege, Bonny arbeitet sehr genau und wenn man ihr sagt sie soll den kürzesten Weg nehmen, dann tut sie dass zur Verblüffung der Motorhome-Besatzung eben auch. Egal, irgendwann wurde schließlich Heflin erreicht, ab da hatte der Fahrer allerdings nur noch eine vage Vermutung wo der Campground liege könnte.
„Hello Guys, could you tell me where the Campground near Coleman lake is?“ „Oh yes, take the next crossing to the left, follow the road nearly ten miles, and you will see an Info-Sign.“ Danke, danke, die zwei jungen Männer am Straßenrand hatten kurz die Beladearbeiten eines Pickup eingestellt, erwiesen sich dann als sehr freundlich und hilfreich.
Nun wäre es durchaus ein Zeichen automobiler Klugheit gewesen, wenn man den deutlich geschrumpften Inhalt des Kraftstofftanks nachgefüllt hätte, aber der Fahrer hatte keinen Bock mehr auf Tanken, sondern ging die avisierten zehn Meilen locker an. Zehn Meilen, dann beim Hinweisschild links ab, soweit richtig, aber dann begann die Wildnis. Anfangs ein paar Häuser, dann nichts mehr, nur schlanke Straße, auf und ab, Kurve um Kurve, dichter Wald, kein Auto zu sehen, und Menschen sowieso nicht. So ging es Meile um Meile, Kurve um Kurve, nur der Campingground ließ auf sein Erscheinen warten.
Die eigentlich von großem Unterhaltungs- und Informationswillen geprägte beste Beifahrerin wurde im stiller, während der Fahrer gelegentlich sorgenvoll auf die Tankuhr plierte. Der Fachterminus für diese Anfahrt könnte wohl „spooky“ lauten, wir waren jedenfalls gespannt wie es sich entwickeln würde. Umso größter die Freude, als schließlich erste Hinweisschilder auf den See, auf ein Recreationplace, auf eine Horse Trail Station und schließlich auch auf den Campingground hinwiesen. Dann die Erlösung, und wir fuhren mit wiedergewonnener Leichtigkeit auf einen der schönsten Campingplätze ein, die uns bislang begegnet sind.
Campingground Coleman Lake, ein „Gedicht“ aus zwei Loops, mit insgesamt 39 best ausgestatteten Stellplätzen für alle Formen von Campingfahrzeugen, und jede einzelne von ihnen hat dabei so viel Platz wie in Deutschland ganze Wohnmobilstellplätze mit 50 Parzellen. Es war unglaublich und so schön, dass es dann wiederum nicht verwundern konnte, dass Loop A, einer von zwei kreisrunden Stellplatzbereichen, komplett besetzt war. Große und kleine Motorhomes, Riesen-Fiftwheeler und kleine Klappwohnwagen, Zelte auch, die Berührungsängste der Camper in den USA scheinen deutlich geringer als die mancher Deutscher zu sein. Wie auch immer, wir mussten ein Stück weiter, also Loop B angesteuert , und erfreulicherweise war auch gleich die erste großzügige Back-in-Site frei. „Wollen wir nochmal rumfahren?“ „Besser nicht, dann ist die vielleicht auch besetzt“, flötete die Beifahrerin, obgleich kein weiteres Fahrzeug zu sehen war. Egal, also rückwärts rein in die Lücke, die aus einer betonierten Plattform für das Wohnmobil, einem vorgelagerten Platz mit Tisch, Bank und Feuerstelle besteht, zwei Masten um eine Plane zu spannen, Lampen aufzuhängen oder die Abfalltüten vor Schwarz- und Waschbären in Sicherheit zu bringen, und -Achtung- Frischwasser- und 30 Ampere-Stromanschluss. Die Grau- und Schwarzwasserentsorgungsstelle, den Sewer, hatten wir bereits am Eingang der Anlage passiert.
Es war einfach phantastisch. Schnell waren wir seeklar zurück, Kabel und Schläuche angeschlossen, der Slideout draußen (ja ja, inzwischen haben wir ein Wohnmobil mit slideout, aber davon später mehr), Stühle ausgepackt, Geld eingesteckt, um sich gleich auf den Weg zu den Campingground-hosts zu machen. 16 Dollar kostet die Nacht beim Coleman Lake, wer über einen Nationalpark-Pass verfügt kann dies auf drei Dollar fünfzig reduzieren, und für weitere sechs Dollar gab´s ein Bündel Brennholz, das einem binnen weniger Minuten bis vor die „Haustür“ geliefert worden ist. Mit den Gebühren wird die Pflege und Betreuung der staatlichen Wälder und deren Recreation-Areas unterstützt. Eine sehr gute Sache, da zahlt man gerne, umso mehr die Betreuung auf den Campinggrounds phantastisch ist.
Wir haben Feuer gemacht, umgehend entschieden einen Tag länger zu bleiben, denn so ein toller Campingplatz mit unfassbar viel Raum für jeden war uns bislang noch nicht untergekommen (Sabine wird über die phantastische Natur rundherum in den nächsten Tagen auf worldwideontour.de berichten) Und, was soll ich sagen, dass Wetter entwickelte sich auch zum Allerbesten, so dass am zweiten Tag gleich die Steaks auf den Natur-Grill aufgelegt werden konnten. Wie gut, dass die kluge Womo-Hausfrau reichliche Vorräte angelegt hatte, wenn das doch nur der Fahrer in Bezug auf den Kraftstoff hätte auch sagen können, aber das ist eine andere Geschichte. Wolfgang Henze
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