Olde Hansa in Tallinn: Tafeln wie im Mittelalter

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Im Olde Hansa sieht nicht nur das Essen gut aus

Im Jahre des Herrn anno domini 2011 ist Reval, die große alte Stadt am Mare Balticum, geworden zu einer Hauptstadt der Kultura. Menschen aus aller Herren Ländern reisen auf Schaluppen über das Meer oder per Planwagen über das Land, um an dem großen Feste teilzunehmen.

Und so herrscht an den Stadttoren ein dichtes Gedränge, sind die Mundarten aus aller Herren Länder zu hören. Es sind nicht nur lübbsche Kaufleute, die es nach einem kühlen Trank gelüstet, sondern auch eitle Damen aus dem Italienischen oder sauffreudige Mannen aus Finnland.

Weit über die Grenzen Estlands bekannt ist das Haus „Olde Hansa“; Händler aus Brygge, Bergen oder Visby kehren hier ein. Holde Mägde, gewandet in buntes Linnen, begrüßen die Gäste schon vor den Türen, geleiten sie zu den Tischen und Stühlen aus dunklem Holz. Unter hellen Baldachinen sind Tafeln im Freien aufgestellt, so dass die Gäste – während sie speisen – einen guten Blick auf das bunte Treiben ringsum haben. In den Kästen der Brüstung verbreiteten Koriander, Petersilie und Zitronenthymian beim Zerreiben Wohlgerüche.

Wildschweingulasch: Lecker!
Wildschweingulasch: Lecker!

„Fürchtet nicht zu leeren die großen Schüsseln, die man euch mit kunstvoll zubereiteten Köstlichkeiten aufträgt, die Gerichte werden nicht enden, in diesem reichen Hause wird es für den Gast immer reichlich geben.“ Die einführenden Worte auf der Speisekarte wecken Erwartungen. Gewandt werden hier Worte gedrechselt; und bei der Vorstellung der Speisen läuft den Gästen das Wasser im Munde zusammen.

Kaviar wird hier aufgetischt, geräucherter Fisch in viele Variationen. Bären- und Elchbraten türmen sich auf den tönernen Tellern ebenso wie Braten vom Wildschwein. Nur wer Kartoffeln sucht, wird sie nicht finden: Denn diese Frucht war zur jener Zeit, die wir heute als Mittelalter bezeichnen, im alten Europa noch unbekannt. Doch das ist kein Mangel. „All unser Fleisch stammt aus heimatlichen Wäldern und Gutshöfen, die höchstens einen Tagesritt von Reval entfernt sind“, empfiehlt der Koch sein Haus. Und die holden Mägde wissen, dass das Sauerkraut eine Spezialität des Hauses ist und den Weitgereisten sicher munden wird.

Keine Kartoffeln im Mittelalter
So wählt die Dame denn „eine Delikatesse aus dem alten Reval: Gedünstetes Sauerkraut mit verschiedenem Fleisch und dazu dunkles starkes Kräuterbier“. Ein Schluck aus dem irdenen Krug ließ den Mann jedoch das Gesicht verziehen: „Schmeckt wie Medizin“ verkündete er. Doch dem Dämchen mundete der Trunk ganz wunderbar. Dann wurde das Gericht des Herrn aufgetragen: Wildschweinteller des Grafen von Uexküll mit Sauerkraut, Zwiebelsoße und Dinkel-Safranbrei (hiervon haben die Herrschaften colorierte Bilder in die Galerie gestellt).

Die Speisen waren allesamt sehr wohlschmeckend! Die Dame und der Herr lobten den Koch, der Herr schäkerte mit der hübschen und schlagfertigen Magd und dann sahen sie am Nebentische wunderbare Köstlichkeiten, die sie sogleich orderten: Rosenpudding und Frischkäse-Pudding mit Safran. Obwohl die Bäuche schon gut gefüllt waren, zergingen die süßen Speisen auf der Zunge! Und vor allem die Dame kann sich freuen. „Wer die Rosenblätter mit isst, soll länger leben“, verriet die kesse Magd ihr mit einem Augenzwinkern.

 Authentisch bis zu den Schnabelschuhen
Noch etwas wusste die Jungfrau den Gästen aus dem Ausland zu erzählen, nachdem die Dame ein neidisch Blick auf die Schuhe der Schönen geworfen hatte. Aus dunklem Leder waren sie mit einer langen Spitze versehen. „Aber die des Gasthaus-Besitzers ist noch länger. Denn je länger desto reicher der Schuhträger.“ Und es war sicher im Sinne des Gasthaus-Besitzers, dass die eifrige Magd auf den „Kramladen“ im Kellergewölbe des Hauses verwies: Hier stapeln sich Ingwerknollen und Salzfässchen, verlocken gelbe, rote und grüne Kleider aus Linnen die Frauen zum Kauf, reihen sich die Schnabelschuhe aneinander und sind Ton-Krüge und -Teller zu erwerben, wie sich auf den Tafeln des „Olde Hansa“ stehen.

 Bemerkenswerte Sanitäranlagen
Nach dem Gelage wünschten der Herr und die Dame sich auf ein stilles Örtchen zurück zu ziehen. Auch hier hat der Wirt nicht lumpen lassen: Ein Kupferkessel hält Wasser bereit zum Reinigen der Hände, eine dicke Stumpenkerze erleuchtet den „Thron“ (die Reisenden aus deutschen Landen überlegten, welche Vorschriften ordentliche deutsche Beamte wohl dagegen ins Feld führen würden…).

 Jeden Taler wert
Bevor die Gäste sich wieder unter die Reisenden aus aller Welt mischten, sollten Magd und Wirt noch ihren wohlverdienten Lohn erhalten. 80 Taler musste der Herr aus seinem Geldsäckel entnehmen. Doch er ebenso wie die Dame waren sich einig: Dieses Mahl war jeden Taler wert!

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